Es ist nie zu spät für einen beruflichen Neuanfang

Bookholzberg. 52 Jahre alt – und plötzlich arbeitslos. Für Matthias Horn kam das berufliche „Aus“, als sein Arbeitgeber den Firmensitz nach Rumänien verlegte. Ins Ausland mitzugehen war für den Familienvater keine Alternative. Nach fast 30 Jahren stand der gelernte Schlosser 2016 auf der Straße. „Das war sehr deprimierend“, sagt er. Hoffnung hatte er wenig: „In diesem Alter findet man doch keine Stelle.“ Zudem machten ihm Beschwerden im Knie zu schaffen. Die Arbeitsagentur hielt ihn für nicht mehr vermittelbar. Mit seinem Job verlor Matthias Horn nicht nur seinen strukturierten Arbeitstag, sondern Stück für Stück etwas von seinem Leben. Mit Alkohol betäubte er die Leere in sich.

Woran es konkret lag, weiß er heute nicht mehr. Aber eines Tages wurde ihm klar, dass er so nicht mehr weiterleben wollte. Er wollte trocken werden. Das war 2018. Er begann eine Therapie. Auch wenn es ein langer Weg werden sollte, am Ende hatte Matthias Horn die Sucht besiegt „Endlich konnte ich wieder entscheiden, was ich wollte, und war nicht länger den Emotionen ausgeliefert“, sagt er. Zusammen mit seinem Therapeuten stellte er einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. „Ich wollte beruflich neu anfangen, auch mit Mitte 50“. Allerdings stand fest, dass er aufgrund seines Knies nicht wieder als Schlosser würde arbeiten können. Was also stattdessen?

Um herauszufinden, welche Tätigkeit seinen Fähigkeiten und Interessen am besten entsprach, machte er im Berufsförderungswerke der INN-tegrativ 2019 eine Arbeitserprobung. Auch Praktika gehörten dazu. Dort bekam er einen Einblick in

die Arbeit einer Werkstatt für behinderte Menschen – und was er dort sah, gefiel ihm. „Die Arbeit mit den Menschen hat mir viel Freude bereitet. Ich konnte zudem viel von meiner beruflichen Vorerfahrung einbringen“, sagte er. Sein Ziel stand fest: Ich werde Arbeitspädagoge in einer Einrichtung. Dafür, dass sein Antrag genehmigt wurde, ist er der Deutschen Rentenversicherung bis heute dankbar, denn damit begann für ihn ein ganz neuer Lebensabschnitt.

Für den guten Start in die neue Ausbildung sorgte ein so genannter „Reha-Vorbereitungslehrgang“. „Das war wichtig, um wieder ins Lernen zu kommen“, sagt Matthias Horn, schließlich lag seine letzte Ausbildung 30 Jahre zurück.  Er war 56 Jahre alt, als er seinen beruflichen Neustart begann. Da er täglich über eine Stunde Fahrtzeit gebraucht hätte, wohnte er während der Umschulung im BFW-Internat. „Das war wie ein Schutzraum für mich“, erklärt er. Zusätzliche Sicherheit gaben ihm sein therapeutisches Netz vor Ort, die Begleitung durch den Sozialen Dienst und die Ausbilder, aber auch der Austausch mit den anderen Teilnehmenden. „Wir waren alle in der gleichen Situation, das hat uns gestärkt.“

Seine zweite Chance ergriff Matthias Horn mit großer Entschiedenheit, jeden Abend lernte er – und so schloss er 18 Monate später seine Prüfung mit Erfolg ab. „Ein echter Glücksmoment“, lächelt er. Auch mit dem Job klappte es schnell – wenn auch anfangs noch nicht in seinem angestrebten Beruf. Das änderte sich, als er auf Facebook das Stellengesuch einer Adaptionseinrichtung sah. „Die suchen jemanden wie mich“, sagte er und bewarb sich kurzerhand direkt bei der Einrichtung. Mit Erfolg. Er bekam den Job und unterstützt seitdem als Arbeitspädagoge Menschen bei der Wiedereingliederung. „Alle meine Erfahrungen kommen mir hier zugute, die fachlichen, aber vor allem auch die als ehemaliger Suchtkranker“, freut er sich. Vor allem kann er zeigen, dass man den Weg aus der Sucht in ein neues Arbeitsleben schaffen kann. Das bestätigt auch seine Chefin Nadine Thierling, Leiterin der Adaption Hambühren: „Herr Horn hat einen ganz besonderen Zugang zu den Patienten, ist sowohl empathisch als auch fachlich hervorragend qualifiziert.“ Sie ist mit ihrem neuen Mitarbeiter rundum zufrieden. Und das Alter? Spielt keine Rolle, findet sie. Auch für Matthias Horn selbst nicht: „Es ist nie zu spät für einen beruflichen Neuanfang“, sagt er und will andere damit ermutigen.

Bild 1: Matthias Horn hat in seiner Arbeit als Arbeitspädagoge endlich eine berufliche Erfüllung gefunden.
Bild 2: Matthias Horn mit seiner Chefin Nadine Thierling, Leiterin der Adaption Hambühren, vor der Holzwerkstatt der Einrichtung

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